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„Das 1×1 der Kündigung für Arbeitgeber und HR-Verantwortliche“

am 14.05.2024 - 10:00 Uhr

Rechtsanwältin für Arbeitsrecht Livia Merla
Rechtsanwalt für Arbeitsrecht Christian Meeser

mit Livia Merla und Christian Meeser

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Arbeitszeiterfassung im Arbeitsrecht vom Anwalt erklärt

Das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) enthält wichtige Regelungen zur Arbeitszeit und gibt genaue Anweisungen vor, wie viele Stunden ein Arbeitgeber seine Arbeitnehmer beschäftigen darf. Streitig wird es immer dann, wenn der Arbeitnehmer Mehrarbeit oder Überstunden leisten soll. Auch die Arbeit an Wochenenden, Sonn- und Feiertagen löst zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer immer wieder Konflikte aus.

Wie definiert das Gesetz Arbeitszeit?

Arbeitszeit im Sinne des ArbZG ist die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die Ruhepausen (§ 2 Abs. 1 ArbZG). In § 3 ArbZG ist die Höchstgrenze für die tägliche Arbeitszeit festgelegt. Hier ist geregelt, dass die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer 8 Stunden nicht überschreiten darf.

Beschäftigte unter 18 Jahren können sich auf das Jugendarbeitsschutzgesetz berufen. Für diese ist das ArbZG nicht einschlägig.

Für wen gilt das Gesetz

Nicht jeder darf sich auf die Regelungen des Arbeitszeitgesetzes berufen. Die Regelungen finden auf leitende Angestellte, Leiter in öffentlichen Dienst oder Beschäftigte im öffentlichen Dienst mit Personalverantwortung keine Anwendung.

Zeiterfassung: Was ist erlaubt und welche Pflichten treffen Arbeitgeber?

Eine generelle Pflicht zur Arbeitszeiterfassung für Arbeitgeber ist gesetzlich nicht geregelt.

  • Doch in welchen Fällen ist der Arbeitgeber zur Erfassung der Arbeitszeit verpflichtet?
  • In welcher Form muss die Erfassung der Arbeitszeit erfolgen?
  • Welche datenschutzrechtlichen Grenzen gelten hier?
  • Drohen Arbeitgebern Strafen, bei einer fehlerhaften oder fehlenden Zeiterfassung?

Arbeitszeit wird als eine für die Arbeit vorgesehen oder festgelegt Zeitspanne definiert. Durch die Erfassung der Arbeitszeit haben Arbeitgeber die Möglichkeit ihre Arbeitnehmer zu kontrollieren und Arbeitnehmer die Möglichkeit ihre verrichtete Arbeit nachzuweisen. Andererseits können Arbeitgeber gegenüber den Behörden mittels Zeiterfassung nachweisen, sich an die Regelungen des Arbeitszeitgesetzes oder den geltenden Mindestlohn gehalten zu haben.

Gesetzliche Grundlagen der Arbeitszeiterfassung

Die Regelungen zur Arbeitszeiterfassung sind im Arbeitszeitgesetz (ArbZG) enthalten. Darin ist aber noch keine generelle Pflicht zur Arbeitszeiterfassung normiert. Lediglich für bestimmte Berufsgruppen, wie für Beschäftigte des Straßentransportes, ergibt sich eine Aufzeichnungspflicht des Arbeitgebers. In der Kosmetikbranche regelt es vielmehr die Höchstarbeitszeiten und vorgeschriebenen Ruhepausen während der Arbeit. In § 16 ArbZG ist geregelt, dass nur die Arbeitszeit, die über die werktägliche Arbeitszeit hinausgeht aufzuzeichnen ist.

So heißt es im ArbZG:

„Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die über die werktägliche Arbeitszeit des § 3 Satz 1 hinausgehende Arbeitszeit der Arbeitnehmer aufzuzeichnen und ein Verzeichnis der Arbeitnehmer zu führen, die in eine Verlängerung der Arbeitszeit gemäß § 7 Abs. 7 eingewilligt haben. Die Nachweise sind mindestens zwei Jahre aufzubewahren.“

Darin ist zu erkennen, dass die Arbeitszeiterfassung ein nützliches Instrument zur Kontrolle der Einhaltung der vertraglichen Arbeitszeit, sowie der täglichen wie auch wöchentlichen Höchstarbeitszeit ist.

Aufgrund einer neuesten Entscheidung des europäischen Gerichtshofes wird sich die gesetzliche Grundlage zur Arbeitszeiterfassung zukünftig ändern. Danach sollen Arbeitgeber zur generellen Aufzeichnung der Arbeitszeit verpflichtet werden (EuGH, Urteil vom 14.05.2019, Az.: C 55/18). Entsprechend der Arbeitszeitrichtlinie (Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 04.11.2003) müssen die EU-Mitgliedstaaten die Arbeitgeber verpflichten, ein objektives, verlässliches und zugängliches System einzurichten, mit dem die von einem jeden Arbeitnehmer geleistete tägliche Arbeitszeit gemessen werden kann. Ohne die Zeiterfassung an sich, können auch keine Überstunden und Mehrarbeit erfasst werden.

Exkurs: Was gilt als Wochenarbeitszeit?

Eine maximale Wochenarbeitszeit wird im Arbeitszeitgesetz nicht definiert. Der § 3 Abs. 1 Arbeitszeitgesetz (ArbZG) sagt aber, dass Arbeitnehmer in Deutschland nicht mehr als 8 Stunden am Tag arbeiten dürfen. Die Pausenzeiten werden hierbei nicht berücksichtigt und gelten als „Unterbrechungen“ innerhalb der eigentlichen Arbeitszeit. Ausnahmsweise sind gemäß § 3 Satz 2 ArbZG auch 10 Stunden am Tag möglich, wenn die Arbeitszeit innerhalb von 24 Wochen durchschnittlich 8 Stunden nicht überschreitet. Wichtig ist zudem, dass das Arbeitszeitgesetz eine Sechs-Tage-Woche zugrunde legt und dementsprechend ausgelegt werden muss.

Danach sind Arbeitsverträge mit einer vereinbarten wöchentlichen Arbeitszeit von 48 Stunden theoretisch möglich, praktisch selten.

Exkurs: Was gilt für Sonn- und Feiertage?

Es existiert ein gesetzliches Beschäftigungsverbot für Sonn- und Feiertage. In § 10 ArbZG wurde jedoch eine umfangreiche Liste von Ausnahmen des Verbots geschaffen:

  • Not- und Rettungsdienste
  • Feuerwehr
  • Tätigkeiten zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung
  • Beschäftigungen zur Funktionsfähigkeit von Gerichten und Behörden und für Zwecke der Verteidigung
  • Krankenhäuser und andere Einrichtungen zur Behandlung, Pflege und Betreuung von Personen
  • Gaststätten und andere Einrichtungen zur Bewirtung und Beherbergung sowie im Haushalt
  • Musikaufführungen, Theatervorstellungen, Filmvorführungen, Schaustellungen, Darbietungen und andere ähnliche Veranstaltungen
  • nichtgewerbliche Aktionen und Veranstaltungen der Kirchen, Religionsgesellschaften, Verbände, Vereine, Parteien und andere ähnliche Vereinigungen
  • Sport und Freizeit-, Erholungs- und Vergnügungseinrichtungen
  • Fremdenverkehr
  • Museen und wissenschaftliche Präsenzbibliotheken
  • Rundfunk, Tages- und Sportpresse, Nachrichtenagenturen
  • der Tagesaktualität dienenden Tätigkeiten für andere Presseerzeugnisse einschließlich des Austragens
  • Herstellung von Satz, Filmen und Druckformen für tagesaktuelle Nachrichten und Bilder
  • tagesaktuelle Aufnahmen auf Ton- und Bildträger
  • Transport und Kommissionieren von Presseerzeugnissen, deren Ersterscheinungstag am Montag oder am Tag nach einem Feiertag liegt
  • Messen, Ausstellungen und Märkte
  • Volksfeste
  • Verkehrsbetriebe
  • Transport und Kommissionieren von leicht verderblichen Waren
  • Energie- und Wasserversorgungsbetriebe
  • Abfall- und Abwasserentsorgungsbetriebe
  • Landwirtschaft und Tierhaltung
  • Einrichtungen zur Behandlung und Pflege von Tieren
  • Bewachungsgewerbe und die Bewachung von Betriebsanlagen
  • Reinigung und Instandhaltung von Betriebseinrichtungen, soweit hierdurch der regelmäßige Fortgang des eigenen oder eines fremden Betriebs bedingt ist
  • Vorbereitung der Wiederaufnahme des vollen werktägigen Betriebs
  • Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit von Datennetzen und Rechnersystemen
  • Verhütung des Verderbens von Naturerzeugnissen oder Rohstoffen oder des Misslingens von Arbeitsergebnissen
  • kontinuierlich durchzuführende Forschungsarbeiten
  • Vermeidung einer Zerstörung oder erheblichen Beschädigung der Produktionseinrichtungen

Aufzeichnungspflichten beim Minijob

Die Aufzeichnungspflicht der Arbeitszeit ergibt sich für Minijobber nicht aus dem Arbeitszeitgesetz, sondern dem Mindestlohngesetzt (MiLoG). Der Zoll prüft die Einhaltung der Mindestlöhne. Auch Minijobber haben Anspruch auf den Mindestlohn. So sind gewerbliche Arbeitgeber verpflichtet nach § 17 MiLoG eine Stundenaufzeichnung zu führen. Danach treffen den Arbeitgeber folgende Pflichten:

  • Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit müssen spätestens bis Ablauf des siebten auf den Tag der Arbeitsleistung folgenden Kalendertages aufgezeichnet werden.
  • Die Aufzeichnungen der Minijobber müssen mindestens zwei Jahre aufbewahrt werden.

Die Dokumentationspflicht kann auch per Direktionsrecht auf die Arbeitnehmer übertragen werden, sollte aber in regelmäßigen Abständen kontrolliert werden.

Arten der Arbeitszeiterfassung

Wie die Arbeitszeiterfassung zu erfolgen hat, regelt das Gesetz nicht.

Eine Arbeitszeiterfassung kann noch ganz altmodisch auf Papier – durch sog. Stundenzettel –erfolgen, als auch elektronisch. Durch technische Neuerungen und diverse digitalen Dienstleistern zu Zeiterfassungslösungen ist eine Erfassung der Daten des Mitarbeiters und der Arbeitszeiten auf vielen Wegen möglich: Excel-Tabelle, App-basierte Datenaufbereitung, elektronische Armbänder oder Fingerabdruck.

Insbesondere elektronische und auch chipbasierte Zeiterfassungssysteme machen es für den Arbeitgeber möglich genaue Aufzeichnungen über die Dauer, eventuelle Arbeitszeitunterbrechungen, Ruhepausen und auch Arbeitszeitverstöße zu tätigen.

Aktuelle Herausforderung: Kurzarbeit und Zeiterfassung

Aktuell befinden sich viele Betriebe vorübergehend in Kurzarbeit um Arbeitnehmer vor Kündigungen zu schützen und die wirtschaftliche Lage zu stabilisieren. In diesen Fällen ist es für Arbeitgeber besonders wichtig, dass die Arbeitszeit richtig erfasst wird. Ohne eine vernünftige Arbeitszeiterfassung kann kein Kurzarbeitergeld abgerechnet werden.

Währen der Kurzarbeit ist der Arbeitgeber verpflichtet die geleisteten Arbeitsstunden des betroffenen Arbeitnehmers zu dokumentieren. Dasselbe gilt auch für die Ausfall- und Fehlzeiten. Die erfassten Daten müssen innerhalb von 3 Monaten mit dem Antrag auf Kurzarbeitergeld an die Bundesagentur für Arbeit versendet werden.

Die Bundesagentur macht keine Vorgaben, wie die Arbeitszeiterfassung zu erfolgen hat. Einige Betriebe greifen altmodisch auf Hand- oder Excel-Tabellen zurück, andere verwenden moderne Apps. Das Angebot ist vielseitig. Hier sollte der Arbeitgeber darauf achten, dass alle Mitarbeiter denselben Zugang zum Zeiterfassungssystem haben sollten. Insbesondere bei Einführung eines Zeiterfassungssystems sind unter Umständen der Betriebsrat zu beteiligen und datenschutzrechtliche Grundsätze zu beachten.

Die Arbeitszeiterfassung im Lichte des Datenschutzes

Wie die Daten erfasst werden können und wie mit den dadurch erhobenen Daten umzugehen ist, wird dann im Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) näher geregelt. Die durch die Arbeitszeiterfassung festgehaltenen Zeiten sind personenbezogene Daten i.S.d. Gesetzes. So heißt es in § 26 BDSG:

„Personenbezogene Daten von Beschäftigten dürfen für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses verarbeitet werden, wenn dies […] dessen Durchführung […] oder Erfüllung der sich aus einem Gesetz oder einem Tarifvertrag, einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung (Kollektivvereinbarung) ergebenden Rechte und Pflichten der Interessenvertretung der Beschäftigten erforderlich ist. […]“

Arbeitsrechtlich relevant ist hier für den Arbeitgeber insbesondere der Erlaubnistatbestand der Erforderlichkeit. Der Arbeitgeber hat ein berechtigtes betriebliches Interesse daran, die tatsächlich geleisteten Arbeitszeiten seiner Mitarbeiter zu erfassen, u.a. zur Durchführung der Lohnabrechnung und zur Erfüllung gesetzlicher Aufzeichnungspflichten. Jedoch ist anhand des Einzelfalls festzulegen, ob dies mittels App oder sogar Fingerprint erfolgen darf.

Zum einen kann der Arbeitnehmer in die Verarbeitung seiner Daten wirksam einwilligen. Wird der Arbeitnehmer aber zum Beispiel der Arbeitszeiterfassung mittels Fingerprint nicht zustimmen, so dürfte die Weigerung berechtigt und zulässig sein. Im Beispielfall würden neben den Arbeitszeitdaten auch biometrische Daten erfasst und würden einen weitreichenden Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht eines Arbeitnehmers darstellen.

Jeder Betrieb sollte für sich entscheiden, welche Art der Arbeitszeiterfassung praktikabel ist. Je nach Einrichtung des Betriebes können kann der Arbeitgeber individuelle Entscheidungen und maßgeschneiderte Angebote Dritter einholen. Pflege-Einrichtungen mit ganztägigen Arbeitszeiten mit inkludierter Sonn- und Feiertagsarbeit werden andere Ansprüche an die Arbeitszeiterfassung, als Kosmetikstudios mit lediglich werktäglichen Öffnungszeiten, stellen.

Folgen von Verstößen gegen die Aufzeichnungspflicht

Trotz der Möglichkeit die Aufzeichnung durch die Arbeitnehmer durchführen zu lassen, ist der Arbeitgeber für die Aufzeichnung verantwortlich. Wenn er die Arbeitszeit nicht, nicht vollständig, nicht rechtzeitig oder nicht mindestens 2 Jahre aufbewahrt, drohen erhebliche Bußgelder. In Einzelfällen bis zu 30.00,00 €. Die Bußgelder werde bei Verstößen gegen die Aufzeichnungspflichten nach dem MiLoG und zusätzlich gegen die Geringfügigkeitsrichtlinien.

Verstößt der Arbeitgeber gegen die Aufzeichnungspflichten des ArbZG so drohen Bußgelder von bis zu 15.00,00 €.

Unser Themenschwerpunkt Arbeitszeit

Haben Sie Fragen dazu oder wünschen Sie eine Beratung oder einen Termin? Wenden Sie sich gerne persönlich an uns: Als Anwälte für Arbeitsrecht sind wir spezialisiert auf die arbeits- und sozialrechtlichen Belange der Arbeitswelt!

Möchten Sie sich noch weiter über das Thema „Arbeitszeit“ informieren?

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  • Arzttermine während der Arbeitszeit
  • Bereitschaftszeit als Arbeitszeit
  • Arbeitszeit und Streikrecht
  • EuGH Urteil zur Pflicht der Arbeitszeiterfassung
Bild vom Autor Livia Merla

Über den Autor

Livia Merla ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht in Berlin und geschäftsführende Partnerin der Kanzlei MGP Merla Ganschow & Partner mbB Steuerberater Rechtsanwalt in Berlin Charlottenburg.

Livia Merla

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