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„Das 1×1 der Kündigung für Arbeitgeber und HR-Verantwortliche“

am 14.05.2024 - 10:00 Uhr

Rechtsanwältin für Arbeitsrecht Livia Merla
Rechtsanwalt für Arbeitsrecht Christian Meeser

mit Livia Merla und Christian Meeser

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#Lohn & Gehalt

Lohn bleibt aus – was jetzt?

Der Lohn bleibt aus und viele fragen sich, was sie tun sollen. Leider stellen Arbeitgeber nach Ausspruch einer Kündigung oder sogar grundlos nicht oftmals unerwartet sämtliche Lohnzahlungen an den Arbeitnehmern ein. Dies kann zu erheblichen finanziellen Belastungen führen. Im nachfolgenden Beitrag erklären wir Ihnen welche Handlungsoptionen bestehen und wie man am besten zu seinem Recht kommt.

Habe ich einen Anspruch auf Vergütung?

Der Anspruch auf Vergütung (auch Lohn oder Gehalt) ergibt sich aus dem Arbeitsvertrag. Für die Durchsetzung der Lohnansprüche ist es nicht zwingend erforderlich, dass ein schriftlicher Arbeitsvertrag geschlossen wurde. Ein Arbeitsvertrag kann auch mündlich abgeschlossen werden, aus dem sich der Anspruch auf Zahlung herleiten können. Sollten Arbeitnehmer und Arbeitgeber vergessen haben einen schriftlichen Vertrag zu schließen oder hat der Arbeitnehmer die Tätigkeit bereits aufgenommen und haben sich die Vertragsparteien noch nicht über die wesentlichen Eckpunkte, z.B. die Höhe der Vergütung geeinigt, so hat der Arbeitnehmer dennoch einen Anspruch auf Lohnzahlung. Hier lohnt ein Blick ins Gesetz, genauer § 612 BGB, oder in die anwendbaren Tarifverträge. Das heißt, selbst wenn keine Regelung über die Vergütung getroffen wurde, hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Zahlung der „üblichen Vergütung“. Neben dem üblichen Lohn können dem Arbeitnehmer auch weitere Zahlungsansprüche, wie Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld oder Sonderzahlungen aus Anlass eines Betriebsjubiläums, zustehen. Weitere Informationen finden Sie unter dem Stichpunkt „Betriebliche Übung“.

Gibt es eine Lohnuntergrenze?

In vielen Arbeitsverträgen vereinbaren die Arbeitsvertragsparteien die Anwendbarkeit eines Tarifvertrages. Damit binden sich sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber an einen Tarifvertrag. In anderen Fällen existiert ein räumlich und fachlich einschlägiger allgemeinverbindlicher Tarifvertrag. Aus diesen ergeben sich meist Lohnuntergrenzen, von denen nur zugunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden darf, indem ein höherer Lohn als in dem Tarifwerk vereinbart wird.

Wird die Vergütung des einschlägigen Entgelttarifvertrages durch arbeitsvertragliche Regelungen unterschritten, so liegt ein Lohnwucher im Sinne des Gesetzes (§ 138 BGB) vor. Diese arbeitsvertraglichen Regelungen sind dann nichtig und werden durch den Tarifvertrag ersetzt. So hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf die volle tarifliche Vergütung. Für Arbeitnehmer und Arbeitgeber, auf denen kein einschlägiger Tarifvertrag Anwendung findet, gelten dennoch Lohnuntergrenzen nach dem Mindestlohngesetz (MiLoG). Der gesetzliche Mindestlohn beträgt seit dem 1.1.2017 8,84 Euro pro Stunde. Laut Mindestlohngesetz wird der gesetzliche Mindestlohn alle zwei Jahre neu festgelegt. Damit beträgt der Mindestlohn auch im Jahr 2018 8,84 Euro und soll im Jahr 2019 auf 9,35 Euro steigen.

Was tun, wenn der Arbeitgeber ständig unpünktlich zahlt?

Zunächst muss festgestellt werden, wann die Zahlung des Lohnes fällig ist. Die Fälligkeit kann sich aus dem Arbeitsvertrag oder dem Tarifvertrag ergeben. Ist weder im Arbeitsvertrag noch im anwendbaren Tarifvertrag nichts geregelt, ist das Gehalt regelmäßig am Ende des Monats fällig. Sollte die Zahlung zum Zeitpunkt der Fälligkeit nicht erfolgt sein, ist dies für den Arbeitnehmer problematisch, da auch dieser Verbindlichkeiten hat und die Miete, Strom und andere Raten pünktlich zu zahlen hat. In diesen Fällen kann der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber sowohl die Verzugszinsen (§ 288 Abs. 1 Satz 1 BGB) verlangen als auch die Schadenpauschale in Höhe von € 40,00 (§ 288 Abs.5 BGB). Entsteht dem Arbeitnehmer ein höherer Verzugsschaden, kann er diesen Schaden ebenfalls geltend machen. Zunächst empfiehlt sich, den Arbeitgeber schriftlich anzumahnen und die ausstehende Zahlung unverzüglich zu verlangen. Sollte auf die Mahnung keine Reaktion erfolgen, ist die Klage geboten.

Ausschlussfristen beachten!

Der Arbeitnehmer sollte nicht allzu lange mit Geltendmachung seiner Zahlungsansprüche warten. Viele Arbeitsverträge oder anwendbare Tarifverträge beinhalten Regelungen über sogenannte Ausschlussfristen. Darin ist geregelt, dass die Ansprüche des Arbeitnehmers innerhalb einer bestimmten Zeit verfallen, wenn er sie nach Fälligkeit nicht schriftlich oder gerichtlich geltend gemacht hat. Sollte die Lohnforderung schriftlich gegenüber dem Arbeitnehmer geltend gemacht werden, hat der Arbeitnehmer den Zugang der Aufforderung und damit die fristgerechte Geldendmachung zu beweisen. In diesem Fall ist es auch wichtig, dass der Arbeitnehmer nachweisen kann, dass die schriftliche Aufforderung dem Arbeitgeber auch zugegangen ist. Sollte sich eine Ausschlussfrist in Ihrem Arbeitsvertrag befinden und befürchten Ihre Ansprüche nicht mehr geltend machen zu können, empfiehlt sich eine anwaltliche Beratung. Viele Klauseln zu Ausschlussfristen sind unwirksam und von Laien nicht zu erkennen.

Kann ich meine Arbeitsleitung zurückbehalten?

Sollte der Zahlungsverzug des Arbeitgebers ganz erheblich sein und sogar mehrere Monatsgehälter umfassen, kann der Arbeitnehmer auch seine Arbeitsleistung zurückbehalten, bis die Forderung beglichen ist. Gemäß § 273 Abs. 1 BGB kann ein Schuldner aus demselben rechtlichen Verhältnis, auf dem seine Verpflichtung beruht, einen fälligen Anspruch gegen den Gläubiger hat, die geschuldete Leistung verweigern, bis die ihm gebührende Leistung bewirkt wird (Zurückbehaltungsrecht). Des Weiteren ergibt sich aus § 320 Abs. 1 S. 1 BGB ein Zurückbehaltungsrecht. Darin ist bestimmt, dass der Vertragspartner (Arbeitnehmer) eines gegenseitigen Vertrages die ihm obliegende Leistung (Arbeit) bis zur Bewirkung der Gegenleitung (Lohn) verweigern kann, es sei denn, er ist zur Vorleitung verpflichtet. Der Arbeitnehmer sollte von seinem Zurückbehaltungsrecht jedoch nicht ohne vorherige anwaltliche Beratung Gebrauch machen. Für die Verweigerung der Arbeitsleistung müssen mehrere Voraussetzungen erfüllt sein. Sind diese nicht erfüllt und verweigert der Arbeitnehmer zu Unrecht seine Arbeitsleitung, droht die fristlose Kündigung. Der Arbeitnehmer ist nach den Grundsätzen von Treu und Glauben nicht berechtigt die Arbeit zu verweigern, wenn

  • der ausstehende Lohn verhältnismäßig geringfügig ist
  • nur eine kurze Verzögerung der Zahlung zu erwarten ist
  • dem Arbeitgeber durch die Arbeitsverweigerung ein unverhältnismäßig hoher Schaden entstehen würde oder
  • die Vergütung auf andere Art und Weise gesichert ist (z.B. Zahlung von Insolvenzgeld)

Nach alledem gibt es kein Grundrezept, ab wie vielen Monatsgehältern Zahlungsverzug, der Arbeitnehmer von seinem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch machen darf, ohne negative arbeitsrechtliche Konsequenzen zu fürchten. Sollte der Arbeitgeber jedoch mit mehr als zwei Monatsgehältern in Zahlungsverzug geraten, kann der Arbeitnehmer nicht mehr von einer Geringfügigkeit ausgehen und wohl zu Recht seine Arbeit verweigern. Das Zurückbehaltungsrecht kann jedoch dann wieder unzulässig werden, wenn der Arbeitgeber nachträglich Teilzahlungen leistet.

Was tun, wenn der Arbeitgeber zahlungsunfähig wird?

Auch wenn das Arbeitsverhältnis noch fortbesteht, kann der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Arbeitslosengeld I oder auf Arbeitslosengeld II (Hartz4) haben. Wenn der Arbeitgeber keinen Lohn zahlt und der Arbeitnehmer beschäftigungslos ist, weil er von seinem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch macht oder der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht mehr einsetzt, besteht ein Anspruch auf Arbeitslosengeld im Rahmen der Gleichwohlgewährung. Sollte der Arbeitgeber keinen Lohn zahlen und der Arbeitnehmer weiterhin beschäftigt sein, kann er jedoch hilfebedürftig werden. Soweit der Arbeitnehmer nicht mehr in der Lage ist, seinen Lebensunterhalt selbständig zu bestreiten, hat er unter Umständen einen Anspruch auf Arbeitslosengeld II. Sollte der Arbeitgeber zahlungsunfähig sein, liegt dies oft daran, dass der Arbeitgeber kurz vor der Insolvenz steht. Bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers kann der Arbeitnehmer einen sozialversicherungsrechtlichen Anspruch auf Insolvenzgeld haben. Dieser Anspruch ist bei der Arbeitsagentur geltend zu machen. Der Anspruch auf Insolvenzgeld setzt das Vorliegen eines Insolvenzereignisses voraus. Das Insolvenzereignis (§ 165 Absatz 1 SGB III) ist der Zeitpunkt, an dem

  • das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arbeitgebers eröffnet wird,
  • der Insolvenzantrag mangels Masse abgewiesen wird oder
  • der Arbeitgeber die Betriebstätigkeit vollständig eingestellt hat,

wenn bis zu diesem Zeitpunkt ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch nicht gestellt worden ist und ein Insolvenzverfahren offensichtlich mangels Masse auch nicht in Betracht kommt. Der Insolvenzgeld-Zeitraum umfasst die letzten drei Monate des Arbeitsverhältnisses vor dem Insolvenzereignis. Hat das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers bereits vor dem Insolvenzereignis geendet, umfasst der Insolvenzgeld-Zeitraum die letzten drei Monate des Arbeitsverhältnisses.

Kann ich bei Verdienstausfall kündigen?

Das schärfste Schwert des Arbeitnehmers ist im Falle der Nichtzahlung des Lohnes durch den Arbeitgeber die außerordentliche, fristlose Kündigung. Die fristlose Kündigung des Arbeitnehmers gemäß § 626 Abs. 1 BGB ist jedoch nur aus wichtigem Grund möglich. Der Lohnverzug des Arbeitgebers kann einen wichtigen Grund darstellen und eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Jedoch muss der Lohnverzug erheblich sein, d.h. mindestens 2 Monatsgehälter betragen. Zudem ist eine vorherige Abmahnung des Arbeitgebers erforderlich. Die Erfüllung der Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses ist viel schwieriger als die der Ausübung des Zurückbehaltungsrechtes. Im Zweifel ist die Ausübung Zurückbehaltungsrechtes der Kündigung vorzuziehen. Darüber hinaus hat der Arbeitnehmer bei der Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts einen Anspruch auf Arbeitslosengeld nach der Gleichwohlgewährung.

Kündigt der Arbeitnehmer wegen der Gehaltsrückstände dennoch fristlos, hat er gegen den Arbeitgeber einen Anspruch auf Schadensersatz. § 628 Abs. 2 BGB sieht eine Haftung des Arbeitgebers auf Schadensersatz für den Fall der von ihm verschuldeten vorzeitigen, durch eine berechtigte fristlose Arbeitnehmerkündigung herbeigeführten Auflösung des Arbeitsverhältnisses vor. Dieser Schadensersatzanspruch umfasst in der Regel den Ersatz der entgangenen Vergütung bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist und die Zahlung einer Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes. Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung haben alle Arbeitnehmer, die unter den Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes fallen. Die Höhe des Schadenersatzanspruches wird dann in entsprechender Anwendung des § 9 und § 10 KSchG ähnlich wie eine Abfindung berechnet.

Soll ich einen Anwalt einschalten?

Kommt der Arbeitgeber seiner Pflicht zur rechtzeitigen Zahlung des Lohnes nicht nach, hat der Arbeitnehmer verschiedene Möglichkeiten, darauf zu reagieren:

  • schriftliche oder mündlich Mahnung des Arbeitgebers mit weiterer Zahlungsfrist
  • Abmahnung des Arbeitgebers
  • Arbeitsleistung verweigern
  • Zinsen verlangen
  • Schadenersatz verlangen
  • Klage auf Lohn
  • Arbeitslosengeld beantragen
  • kündigen und Schadenersatz fordern
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Über den Autor

Livia Merla ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht in Berlin und geschäftsführende Partnerin der Kanzlei MGP Merla Ganschow & Partner mbB Steuerberater Rechtsanwalt in Berlin Charlottenburg.

Livia Merla

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