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„Das 1×1 der Kündigung für Arbeitgeber und HR-Verantwortliche“

am 14.05.2024 - 10:00 Uhr

Rechtsanwältin für Arbeitsrecht Livia Merla
Rechtsanwalt für Arbeitsrecht Christian Meeser

mit Livia Merla und Christian Meeser

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#Zeugnis

Arbeitszeugnis – einfach oder qualifiziert

Oftmals entscheidet das aktuelle Zeugnis über die Einladung zu einem Vorstellungsgespräch. Daher wünscht sich jeder Arbeitnehmer nach Ausscheiden aus dem Betrieb ein Zeugnis. Der Anspruch ergibt sich aus § 109 GewO, der grundsätzlich auf sämtliche Arbeitnehmer Anwendung findet. Man unterscheidet zwischen einem qualifizierten Arbeitszeugnis und einem einfachen Zeugnis. In einem einfachen Arbeitszeugnis sind mindestens Angaben, wie Angaben zu der Person sowie zur Art und Dauer der Beschäftigung enthalten. Ausführliche Informationen zu den einzelnen Aufgaben und Tätigkeitsfeldern oder Beschreibungen oder Bewertungen der entsprechenden Leistungen seitens des Arbeitnehmers sind jedoch nicht enthalten. Das einfache Zeugnis wird in aller Regel nach kurzen Arbeitsverhältnissen durch den  Arbeitsgeber erteilt, wie z.B. nach Ausscheiden innerhalb der Probezeit. Grundsätzlich besteht aber ein Anspruch auf ein qualifiziertes Arbeitszeugnis, das neben der Art und Dauer der Beschäftigung auch Aussagen über die Leistung und das Verhalten des Arbeitnehmers beinhalten.

Muss der Arbeitgeber ein Zwischenzeugnis erstellen?

Auch in einem laufenden Arbeitsverhältnis kann ein Arbeitszeugnis, sog. Zwischenzeugnis, erteilt werden. Jedoch muss für die Erteilung eines Zwischenzeugnisses ein triftiger Grund vorliegen. Diese sind beispielsweise eine geplante längere Arbeitsunterbrechung, z.B. für die Wahrnehmung des Wehr- oder Zivildienstes oder eine geplante Elternzeit. Auch der Wechsel des Vorgesetzten oder die Versetzung auf einen anderen Arbeitsplatz kann einen solchen Grund darstellen. Das Zwischenzeugnis kann auch mit Blick auf einen baldigen Jobwechsel oder eine Beförderung verlangt werden. Insbesondere bei Kündigung durch den Arbeitgeber ergibt sich ein berechtigtes Interesse des Arbeitnehmers auf die Erteilung eines Zwischenzeugnisses. Weiter ist zu beachten, dass sich der Arbeitgeber durch ein Zwischenzeugnis an die gefassten Beurteilungen und Bewertungen bindet. Diese Bindungswirkung dauert bis zu zwei Jahre an. Sollte in diesem Zeitraum ein Endzeugnis erteilt werden, ist der Arbeitgeber im Rahmen dieser Selbstbindung auf die Beurteilung im Zwischenzeugnis festgelegt. Weicht der Arbeitgeber dennoch von der Beurteilung ab, handelt er im Zweifelsfall rechtsmissbräuchlich (BAG, Urteil v. 16.10.2007 – 9 AZR 248/07).

Wie muss das Arbeitszeugnis aussehen?

Zunächst müssen die formalen Anforderungen an einem Zeugnis eingehalten werden:

  • Überschrift
  • Geschäftspapier (A4 Format mit vollständiger Unternehmensadresse)
  • Ausstellungsdatum (in Relation zum Zeitpunkt des Ausscheidens bzw. des internen Wechsels)
  • Unterschrift des Zeugniserstellers und Funktionsangabe
  • Zeugnistestlänge (in Relation zur Verweildauer)

Das Arbeitszeugnis darf folgendes nicht enthalten:

  • Keine Verwendung der Empfängeradresse
  • Keine Markierungen, Zeichen
  • Keine offensichtlichen Rechtsschreib- und Grammatikfehler

Die vorgenannten Kriterien fallen dem Leser beim ersten Überfliegen des Zeugnisses ins Auge. Unterstreichungen und Hervorhebungen können sich hier zum Beispiel schon negativ auswirken. Nach § 109 I GewO muss das Zeugnis schriftlich erteilt werden. Die Erteilung des Zeugnisses in elektronischer Form ist ausgeschlossen, §§ 109 III GewO, 630 BGB. Weiterhin sollte das Zeugnis folgende Punkte beinhalten:

  • auf dem Geschäftsbogen gehören Name und Adresse des Arbeitgebers
  • Vor- und Nachname und ggf. akademischen Titel des Arbeitnehmers
  • Geburtsdatum und Geburtsort (optional)
  • Berufsangaben
  • Eigenhändige Unterschrift durch den Arbeitgeber oder Vertreter des Arbeitgebers
  • Datum (darf nicht wesentlich von Austrittsdatum abweichen)

Ist das Zeugnis nicht unterschrieben ist es formal unvollständig. Dies gilt auch, wenn das Zeugnis von der falschen Person unterzeichnet wurde. Unterschreibt ein Vertreter des Arbeitgebers muss dieser auch offensichtlich ranghöher als der zu bewertende Arbeitnehmer sein.  Der Vertreter des Arbeitgebers muss auch aus demselben Betrieb stammen. Z. B. dürfte der Arbeitgeber es nicht einem freiberuflichen Rechtsanwalt überlassen, der also nicht im Betrieb tätig ist, das Zeugnis zu unterschreiben. In der Regel dürften die Mitarbeiter aus der Personalabteilung zuständig sein, die Arbeitszeugnisse zu unterzeichnen.

Wichtig ist auch, dass die Adresse des Arbeitnehmers nicht ins Adressfeld des Zeugnisses aufgenommen wird. Die Adresse des Arbeitnehmers muss und soll auch nicht aufgenommen werden. Sie darf – falls sie denn doch aufgenommen wird – nicht im für Briefe üblichen Adressfeld erfolgen. Grund dafür ist, dass dieses sonst den Eindruck erwecken könnte, dass das Zeugnis dem Arbeitnehmer nach einem gerichtlichen oder außergerichtlichen Streit per Post zugeschickt wurde. Dieses könnte das berufliche Fortkommen des Arbeitnehmers negativ beeinträchtigen. Zu beachten ist auch, dass das Zeugnis nicht handschriftlich geschrieben werden darf. Es muss darüber hinaus sauber und ordentlich geschrieben worden sein, darf also keine Flecken, Radierungen, Durchstreichungen, Verbesserungen oder ähnliches enthalten (BAG vom 03.03.1993, 5 AZR 182/92).

Was muss im Zeugnis enthalten sein?

Die inhaltlichen Anforderungen bei einem einfachen Zeugnis sind natürlich geringer als die eines qualifizierten Zeugnisses. In einem einfachen Zeugnis müssen lediglich die Personaldaten des Arbeitnehmers stehen, die Dauer des Arbeitsverhältnisses und die Art der Beschäftigung. Was der Arbeitnehmer in dem Unternehmen gemacht hat, muss so genau beschrieben werden, dass sich eine dritte Person ein Bild davon machen kann von der Tätigkeit und den Einsatzmöglichkeiten des Arbeitnehmers. Es sollten das Unternehmen und die Branche, die hierarchische Position, die Berufsbezeichnung, die Art der Tätigkeit, die berufliche Entwicklung und das Aufgabengebiet genannt werden. Das qualifizierte Zeugnis muss wahrheitsgemäß und wohlwollend verfasst sein. Es soll dem Arbeitnehmer in seinem beruflichen Fortkommen fördern. Der Arbeitgeber kann sich ansonsten schadenersatzpflichtig machen.

1. Aufgabenbeschreibung

Nach den allgemeinen Angaben zur Person und der Vorstellung des Unternehmens folgt die Aufgabenbeschreibung des Arbeitnehmers. Dieser Teil hat eine wichtige Funktion. Der zukünftige Arbeitgeber soll einen Eindruck davon erhalten, mit welchen Arbeitsaufgaben der Beurteilte betraut wurde und Erfahrungen sammeln konnte. Die wichtigsten Aufgaben müssen an dieser Stelle aufgelistet werden. Der Arbeitgeber macht hier oft Fehler. Auch die Reihenfolge der einzelnen Aufgaben ist wichtig. Werden unwichtige leichte Tätigkeiten vorangestellt, kann dies in der Zeugnissprache bedeuten: „Der Arbeitnehmer ist nicht in der Lage Prioritäten zu setzen und hält sich mit unwesentlichen Aufgaben auf./Der Arbeitnehmer schafft es nicht die Aufgaben in der vorgegebenen Zeit zu erfüllen.“ Wesentlich ist demnach:

Aufgabenschwerpunkt (ausführlich, umfassend sowie nachvollziehbar, verständlich)

  • Korrekte Reihenfolge
  • Sonderaufgaben/Projekte
  • Hierarchische Position (auch Stellvertretung)
  • Selbstverantwortete Bereiche
  • Kompetenzen/Vollmacht
  • Personalverantwortung
  • Berufliche Entwicklung
  • Fortbildungen

Es kann im Anschluss auch eine Zusammenfassung der Aufgabenbeschreibung erfolgen.

2. Bewertungskomplex

Die Leistungsbeurteilung, die Gesamtzufriedenheitsaussage und die Verhaltensbeurteilung schließen sich an die Aufgabenbeschreibung an. In der Leistungsbeurteilung wird die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers bewertet. Für die Leistungsbeurteilung gibt es strenge Vorgaben, die je nach Branche variieren können. In einem Arbeitszeugnis müssen nicht alle Bewertungsmaßstäbe aufgeführt werden, jedoch sollte sich der Arbeitgeber zu mindestens 3 der folgenden Punkte äußern:

  • Einarbeitung (z.B. schnell, effizient, sehr selbständig)
  • Fachkenntnisse (z.B. fundierte, gute)
  • Fähigkeiten (z.B. schnelle Auffassungsgabe, Flexibilität, Verantwortungsbewusstsein)
  • Arbeitsweise (z.B. sehr selbständig, zuverlässig, sorgfältig, umsichtig)
  • Arbeitsbereitschaft (z.B. mit großem Engagement, hoher Motivation, viel Eigeninitiative, Fleiß, Ausdauer)
  • Arbeitserfolg (z.B. überdurchschnittliche Qualität, hoher Umsatz)
  • Führungsfähigkeiten und Leistungsmotivation (z.B. eine vorbildliche Führungskraft für seine Mitarbeiter)
  • Zusammenfassung

Gesamtheitszufriedenheit

Das Zeugnis muss darüber hinaus eine Gesamtzufriedenheitsaussage treffen. Hier haben sich in der Rechtsprechung und Praxis folgende Standartformulierungen durchgesetzte und werden von den Lesern eines Zeugnisses erwartet:

a) „stets zu unserer vollsten Zufriedenheit erledigt/zu unserer vollen Zufriedenheit erledigt und unseren Erwartungen in jeder Hinsicht entsprochen,“ bescheinigt eine durchweg sehr gute Leistung;

b) „stets zu unserer vollen Zufriedenheit erledigt,“ bescheinigt eine gute Leistung; LAG Düsseldorf 26.2.1985 – 8 Sa 1873/84, DB 1985, 2692;

c) „zu unserer vollen Zufriedenheit erledigt,“ bescheinigt eine Durchschnittsleistung; ArbG Passau 14.1.1991 – 2 Ca 235/90 D, BB 1991, 554;

d) „zu unserer Zufriedenheit erledigt,“ bescheinigt eine unterdurchschnittliche, noch ausreichende Leistung; LAG Frankfurt 10.9.1987 – 12/13 Sa 1766/86, DB 1988, 1071; aA BAG 12.8.1976 – 3 AZR 720/75, DB 1976, 2211, das BAG hält dies für eine befriedigende Leistung;

e) „im Großen und Ganzen zu unserer Zufriedenheit erledigt,“ bringt eine mangelhafte Leistung zum Ausdruck.

Verhaltensbeurteilung

Bei der Verhaltensbeurteilung werden das Sozialverhalten und die Führung des Arbeitnehmers bewertet:

a) „… sein/ihr Verhalten gegenüber Vorgesetzten, Kollegen und Kunden war stets vorbildlich …” oder “… sein/ihr Verhalten gegenüber Vorgesetzten, Kollegen und Kunden war stets einwandfrei …”, bescheinigt ein sehr gutes Verhalten.

b) „… sein/ihr Verhalten gegenüber Vorgesetzten, Kollegen und Kunden war vorbildlich …” oder “… sein/ihr Verhalten gegenüber Vorgesetzten, Kollegen und Kunden war einwandfrei …”, bescheinigte ein gutes Verhalten.

c) “… sein/ihr Verhalten gegenüber Kollegen, Vorgesetzten und Kunden war vorbildlich …” oder “… sein/ihr Verhalten gegenüber Kollegen, Vorgesetzten und Kunden war einwandfrei …”, bescheinigt ein befriedigendes Verhalten.

d) “… sein/ihr Verhalten gegenüber Kollegen (alternativ: Vorgesetzten) war vorbildlich …” oder “… sein/ihr Verhalten gegenüber Kollegen (alternativ: Vorgesetzten) war einwandfrei …”, bescheinigt ein ausreichendes Verhalten.

e) “… sein/ihr Verhalten war insgesamt tadellos …” oder “… sein/ihr Verhalten war insgesamt einwandfrei …”, bescheinigte ein mangelhaftes Verhalten.

Bei der Verhaltensbeurteilung kommt es entscheidend auch darauf an, ob die attestierte Beurteilung generell gilt oder ob bestimmte Personen oder Personengruppen von der Beurteilung ausgenommen werden. Auch ist auf die Reihenfolge der zu benennenden Personen zu achten.

Beispiel:

Sein/Ihr Verhalten gegenüber Kollegen, Geschäftspartnern und Vorgesetzten war stets einwandfrei. Mit dieser Formulierung wird entgegen dem Wortlaut ausgedrückt, dass das Verhalten gegenüber Vorgesetzten nicht einwandfrei war und dem Arbeitnehmer der Umgang mit Kollegen und Geschäftspartnern wichtiger war als das einwandfreie Verhalten gegenüber Vorgesetzten. Das Zeugnis endet mit der Abschlussformulierung. Für den Leser ergibt sich insbesondere aus der Abschlussformulierung die schnelle und zuverlässige Einschätzung, was über den Beurteilten eigentlich gesagt werden sollte. Wichtige Weichensteller für den Erfolg der Bewerbung sind insbesondere folgende Aussagen:

  • Grund für die Ausstellung des Zwischenzeugnisses
  • Bedauern des Ausscheidens aus dem Unternehmen
  • Dank für geleistete Arbeit
  • Zukunftswünsche

Nach alledem ist die sichere Einschätzung eines Zeugnisses nicht leicht und erfordert eine langjährige Praxiserfahrung und die Beratung durch Anwälte für Arbeitsrecht.

Bild vom Autor Livia Merla

Über den Autor

Livia Merla ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht in Berlin und geschäftsführende Partnerin der Kanzlei MGP Merla Ganschow & Partner mbB Steuerberater Rechtsanwalt in Berlin Charlottenburg.

Livia Merla

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