Verlängerte Kündigungsfristen für Arbeitnehmer – Sinnvoll oder nicht?

In der Praxis zeigt sich immer wieder, dass verlängerte Kündigungsfristen für Arbeitnehmer kaum Sinn ergeben. Doch warum ist das so? Fachanwältin für Arbeitsrecht, Livia Merla, bringt Licht ins Dunkel und erklärt die rechtlichen Grundlagen sowie die praktischen Auswirkungen solcher Regelungen.
Die gesetzliche Grundlage
Grundsätzlich regelt § 622 BGB die Kündigungsfristen in Deutschland. Für Arbeitnehmer gilt dabei eine Grundkündigungsfrist von vier Wochen zum 15. oder zum Monatsende. Doch wie sieht es bei den Kündigungsfristen für Arbeitgeber aus?
Für Arbeitgeber staffeln sich die Kündigungsfristen nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit des Mitarbeiters. Hat ein Mitarbeiter beispielsweise zwölf Jahre im Unternehmen gearbeitet, beträgt die Kündigungsfrist für den Arbeitgeber fünf Monate zum Monatsende. Für den Arbeitnehmer bleibt es jedoch grundsätzlich bei der vierwöchigen Frist – unabhängig von der Betriebszugehörigkeit.
Das Problem verlängerter Kündigungsfristen für Arbeitnehmer
Immer wieder gibt es Versuche von Arbeitgebern, längere Kündigungsfristen auch für Arbeitnehmer vertraglich festzulegen. Doch in der Praxis stößt das auf erhebliche Schwierigkeiten. Ein Beispiel verdeutlicht das Problem: Wenn ein Arbeitnehmer eine Kündigungsfrist von fünf Monaten einhalten muss, stellt sich die Frage, was passiert, wenn er das Unternehmen früher verlassen möchte. Schließlich findet man nicht immer einen neuen Job, der genau auf diesen Zeitraum abgestimmt ist.
Ein weiteres Problem: Auch potenzielle neue Arbeitgeber sehen solche langen Kündigungsfristen kritisch. Wenn ein Bewerber erst nach fünf Monaten verfügbar ist, schreckt das viele Unternehmen ab. Der neue Arbeitgeber möchte in der Regel, dass der neue Mitarbeiter möglichst schnell beginnt – eine lange Wartezeit ist daher unattraktiv.
Warum verlängerte Kündigungsfristen oft nicht funktionieren
In der Realität zeigt sich, dass verlängerte Kündigungsfristen für Arbeitnehmer oft nicht praktikabel sind. Arbeitnehmer, die bereits einen neuen Job gefunden haben, verlieren meist die Motivation, noch mehrere Monate im alten Unternehmen zu bleiben. Das führt zu Spannungen am Arbeitsplatz und kann die Produktivität erheblich beeinträchtigen.
In den meisten Fällen wird daher eine einvernehmliche Lösung gesucht, um das Arbeitsverhältnis vor Ablauf der Kündigungsfrist zu beenden. Das zeigt, dass verlängerte Kündigungsfristen in der Praxis oft nicht durchsetzbar sind und letztlich für alle Beteiligten eher hinderlich wirken.
Fazit
Verlängerte Kündigungsfristen für Arbeitnehmer klingen auf den ersten Blick nach einer fairen Regelung, die beide Seiten schützt. In der Praxis zeigen sich jedoch zahlreiche Nachteile: Sie schränken die Flexibilität der Arbeitnehmer ein, erschweren den Wechsel zu neuen Arbeitgebern und führen oft zu Motivationsproblemen. Daher empfiehlt es sich, bei der gesetzlichen Grundkündigungsfrist von vier Wochen zu bleiben – das ist für alle Beteiligten die praktikabelste Lösung.
