Online-AU-Bescheinigung: Ist eine digitale Krankschreibung rechtsgültig?

Immer mehr Online-Portale bieten Arbeitnehmern die Möglichkeit, eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) online zu erhalten, d.h. ganz ohne Arztbesuch vor Ort. Doch wie rechtsgültig sind diese digitalen Krankschreibungen? Müssen Arbeitgeber sie akzeptieren? In diesem Beitrag klären wir die wichtigsten Fragen rund um die Online-AU.
Welche Rechtsgültigkeit und welchen Beweiswert hat eine Online-Krankschreibung?
Laut der AU-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses ist für eine rechtsgültige Krankschreibung ein persönlicher, telefonischer oder zumindest video-basierter Arztkontakt erforderlich (§ 4 Abs. 5 AU-Richtlinie). Fehlt dieser direkte Kontakt, kann die Glaubwürdigkeit der Bescheinigung infrage stehen.
Problem: Elektronische Übermittlung ohne Arztangabe
Besonders problematisch ist, dass Arbeitgeber oft nicht erkennen können, welcher Arzt die Online-Krankschreibung ausgestellt hat – vor allem, wenn das Attest elektronisch übermittelt wird. Nur Privatarztpraxen senden AU-Bescheinigungen oft noch in Papierform, wodurch mehr Transparenz besteht.
Müssen Arbeitgeber Online-AU-Bescheinigungen akzeptieren?
Grundsätzlich gilt: Eine Online-AU ist nicht automatisch unwirksam. Dennoch haben Arbeitgeber das Recht, die Bescheinigung anzuzweifeln, wenn:
- kein Arzt-Patienten-Kontakt nachweisbar ist
- die Krankschreibung auffällig oft oder kurzfristig genutzt wird
- die Dauer der Arbeitsunfähigkeit ungewöhnlich erscheint
Was tun bei Zweifeln an einer Online-AU?
Falls berechtigte Zweifel bestehen, sollten Arbeitgeber das Gespräch mit dem Mitarbeiter suchen. Wichtige Maßnahmen bei Unsicherheit:
- Direktes Gespräch: Klärung der Krankheitsgründe mit dem Mitarbeiter.
- Betriebsarzt hinzuziehen: Arbeitgeber dürfen eine betriebsärztliche Untersuchung verlangen.
- Lohnfortzahlung prüfen: In Extremfällen kann der Arbeitgeber die Lohnfortzahlung verweigern, wenn erhebliche Zweifel an der AU bestehen.
Mein Tipp: Transparenz und Kommunikation zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer
Digitale Krankschreibungen sind zwar ein modernes Mittel zur Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, doch Arbeitgeber sollten sich ihrer Rechte bewusst sein. Eine faire Kommunikation zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber ist entscheidend, um mögliche Missbräuche zu vermeiden.

Über den Autor
Livia Merla ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht in Berlin und geschäftsführende Partnerin der Kanzlei MGP Merla Ganschow & Partner mbB Steuerberater Rechtsanwalt in Berlin Charlottenburg.