Was bedeutet eigentlich Freistellung nach Ausspruch einer Kündigung?

Nach Ausspruch einer Kündigung entscheidet sich der Arbeitgeber oftmals den Arbeitnehmer von der Arbeit freizustellen. Dies hat meist den Hintergrund, dass sich das Betriebsklima und die Zusammenarbeit nach einer Kündigung rasch verschlechtert und der Arbeitgeber eine mäßige Motivation oder negative Auswirkungen auf die Kundenbeziehungen befürchtet. 

Eine Freistellung bedeutet, dass der Arbeitnehmer nicht bis zum Ablauf der Kündigungsfrist weiterhin seiner Arbeit nachgehen muss und dennoch seinen Lohn weitergezahlt bekommt.  

Aber gilt dies auch für Überstunden?

Was passiert nun, wenn ein Arbeitszeitkonto existiert, auf dem sich ein Zeitguthaben angesammelt hat. Wird dieses auch durch die Freistellung aufgebraucht wie der Urlaub?

Darüber hatte nun das BAG zu entscheiden – und eine durchaus überraschende Entscheidung gefällt (Urt. v. 20.11.2019, Az.: 9 AZR 578/18).

Grundsätzlich unterscheidet man zwischen einer widerruflichen und unwiderruflichen Freistellung. Während der Arbeitnehmer bei einer unwiderruflichen Freistellung Planungssicherheit hat und weiß, dass er nicht mehr im Betrieb erscheinen muss, besteht bei einer nur widerruflichen Freistellung die Möglichkeit, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zurückordert. Aufgrund der Planungssicherheit ist daher von der Rechtsprechung anerkannt, dass lediglich eine unwiderrufliche Freistellung etwaige noch bestehende Urlaubsansprüche erledigen kann. Aufgrund der schwierigen Unterscheidung der Freistellungsarten lohnt sich eine Beratung durch den Anwalt für Arbeitsrecht.

Der Entscheidung lag folgender Fall zugrunde:

Es ging um eine Arbeitnehmerin, die seit Januar 2014 als Sekretärin einer Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft angestellt war, mit einem monatlichen Bruttogehalt von 3.250,00 €. Im September 2016 kündigte ihr der Arbeitgeber außerordentlich fristlos. Die Sekretärin legte hiergegen eine Kündigungsschutzklage bei dem Arbeitsgericht ein. Der Arbeitnehmer und Arbeitgeber einigten sich schließlich mit dem Arbeitgeber im November 2016 im Rahmen eines gerichtlichen Vergleiches: Demnach sollte das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 31.01.2017 enden.

Unter Fortzahlung der Vergütung wurde die Klägerin unwiderruflich von der Pflicht zur Erbringung ihrer Arbeitsleistung freigestellt. Der Resturlaub sollte in diesen Zeitraum eingebracht sein. Eine allgemeine Ausgleichsklausel, wonach sämtliche Ansprüche mit dem Vergleich erledigt sind, existierte im Vergleich nicht.

Im Zeitpunkt der Kündigung wies das Gleitzeitkonto der Sekretärin noch  67,10 Überstunden auf. Die Überstunden wollte die Klägerin nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausgezahlt haben. Sie begründete dies damit, dass die Regelung im Vergleich nur Urlaubsansprüche umfasse, da diese ausdrücklich genannt seien. Ihre Überstunden seien hingegen hiervon nicht erfasst und damit auszuzahlen.

Das Arbeitsgericht gab der Klägerin Recht und somit der Klage statt. Der Arbeitgeber legte gegen das Urteil Berufung ein und gewann diese sogar vor dem Landesarbeitsgericht Hamm. Das Bundesarbeitsgericht hob diese Entscheidung jedoch auf, sodass es zur Wiederherstellung des Urteils erster Instanz führte.

Schon beim Verfahrensgang ist ersichtlich, dass sich hier eine rechtzeitige und frühzeitige Beratung durch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht lohnt.

BAG: Überstunden erlöschen nicht durch Freistellung

Das BAG stellte fest, dass eine Freistellung in einem gerichtlichen Vergleich den Anspruch des Arbeitnehmers auf Freizeitausgleich zum Abbau von Überstunden nur dann erfülle, wenn dies hinreichend aus dem geschlossenen Vergleich hervorgeht. 

Im vorliegenden Fall, wonach die Arbeitnehmerin unwiderruflich von der Arbeitsleistung freigestellt worden war, genügt die Klausel den Anforderungen nicht. Das BAG argumentiert, dass für den Arbeitnehmer erkennbar sein müsse, dass die Freistellung zum Ausgleich von Überstunden erfolge. Der geschlossene Vergleich stellt dies weder ausdrücklich noch konkludent klar. Mithin dient eine Freistellung nicht automatisch dem Abbau des Arbeitszeitkontos, sodass Überstunden weiterhin bestehen bleiben und bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses auszuzahlen sind.

Die Entscheidung verdeutlicht eindringlich, dass bei Abschluss eines gerichtlichen Vergleiches penibel auf sämtliche Formulierungen geachtet werden sollte. Wenden Sie sich daher an Ihren Anwalt für Arbeitsrecht um sich beim Abschluss eines Vergleichs beraten zu lassen.

Tipp für Arbeitnehmer und Arbeitgeber:

Um zu vermeiden, dass es im Nachgang eines gerichtlichen Vergleiches zu weiteren Forderungen des Arbeitnehmers kommt, sollten sämtliche offenen Ansprüche ausdrücklich im gerichtlichen Vergleich geregelt werden. Durch eine kompetente anwaltliche Beratung können zukünftige Streitigkeiten und unnötige Kosten vermieden werden.

In dem heutigen Beitrag geht es den langersehnten Mindestlohn für Auszubildende. Währen der Mindestlohn für Arbeitnehmer bereits zum 01.01.2016 eingeführt wurde, kommt dieser nun auch für in Ausbildung befindliche Mitarbeiter.

Zukünftig werden zehntausende Auszubildende besser bezahlt werden. Ab dem Jahr 2020 erhalten Auszubildende im ersten Lehrjahr für ihre Tätigkeiten in Betrieben dann einen Mindestlohn von 515,00 € pro Monat. Dies hat der Bundestag nunmehr beschlossen. Laut Bundesagentur für Arbeit bekommen 115.000 Auszubildende aktuell weniger als 500 Euro monatlich.

In den Folgejahren wird der Mindestlohn dann schrittweise weiter erhöht auf bis zu 620,00 € monatlich im ersten Lehrjahr. Wer 2021 seine Lehre beginnt, bekommt mindestens 550,00 €, 2022 sollen es 585,00 € Euro sein und im Jahr darauf 620,00 €. Im zweiten, dritten und vierten Lehrjahr gibt es ebenfalls mehr – plus 18 Prozent im zweiten Jahr, 35 Prozent im dritten und 40 Prozent im vierten Ausbildungsjahr.

Eine Ausnahme soll künftig nur dann möglich sein, wenn Arbeitgeber und Gewerkschaften für einzelne Branchen eigene Vereinbarungen treffen. Dies soll in der Praxis jedoch so gut wie nicht vorkommen.

Die Bundesregierung will mit ihrem Gesetz die Berufsausbildung insgesamt attraktiver machen und Abbruchquoten in der Ausbildung verringern.

Einige Kritiker äußern jedoch bereits, dass der Mindestlohn von 515,00 € im ersten Lehrjahr immer noch zu gering. Es bleibt abzuwarten ob der Gesetzgeber an dieser Stelle nachlegt.