Bisherige Rechtsprechung: Kein Widerrufsrecht bei einem Aufhebungsvertrag

Bislang galt der Grundsatz, dass sich Arbeitnehmer nicht auf die Vorschriften des Verbraucherschutzrechts berufen können sofern Sie außerhalb des Betriebes einem Aufhebungsvertrag zugestimmt hatten. Ein Widerrufsrecht bei einem Aufhebungsvertrag wurde dem  Arbeitnehmer verwehrt.

Neue Rechtsprechung : „BAG fordert Gebot fairen Verhandelns vor Abschluss des Aufhebungsvertrages“

Das BAG führt in seiner jüngsten Entscheidung (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 07.02.2019, 6 AZR 75/18) neue Aspekte an, die zukünftig abweichende Ergebnisse hinsichtlich der Wirksamkeit von Aufhebungsverträgen mit sich bringen könnten.

In dem vom BAG zu entscheidenden Fall ist erneut bestätigt worden, dass Arbeitnehmern nach der seit 2014 geltenden geänderten Gesetzeslage kein Widerrufsrecht bei Aufhebungsverträgen zusteht, sofern dieser außerhalb der Geschäftsräume des Arbeitgebers geschlossen wurden, wie z. B. in der Wohnung oder in einer Anwaltskanzlei. Im vorliegenden Fall war eine Arbeitnehmerin erkrankt und befand sich zu Hause, wo sie von ihrem Arbeitgeber aufgesucht und zum Abschluss eines Aufhebungsvertrages gedrängt wurde.

Dennoch hob das BAG die Entscheidung der Vorinstanz, welches die Klage der Arbeitnehmerin als unbegründet sah, zugunsten der Arbeitnehmerin auf und wies es zur erneuten Entscheidung an das LAG zurück. Das BAG hält es für möglich, dass im vorliegenden Streitfall das „Gebot fairen Verhandelns vor Abschluss des Aufhebungsvertrages“ verletzt worden ist.

In der Pressemeldung des BAG heißt es: „ Das Gebot fairen Verhandelns sei eine arbeitsrechtliche Nebenpflicht. Diese sei verletzt, wenn eine Seite eine psychische Drucksituation schafft, die eine freie und überlegte Entscheidung des Vertragspartners über den Abschluss des Aufhebungsvertrag erheblich erschwert. Dies könnte insbesondere der Fall sein, wenn eine krankheitsbedingte Schwäche der Klägerin ausgenutzt worden sei. Dies hätte zur Folge, dass Schadensersatz in Form der Naturalrestitution zu leisten wäre. Die Klägerin müsste so gestellt werden als habe Sie den Aufhebungsvertrag nicht unterschrieben. Dies führe schließlich zum Fortbestand des Arbeitsverhältnisses.“

Das Urteil des BAG überrascht und könnte zukünftig weitreichende Konsequenzen bei der Prüfung der Wirksamkeit von Aufhebungsverträgen zur Folge haben. Denn in vielen Fällen liegt dem Abschluss eines Aufhebungsvertrages eine Drucksituation für den Arbeitnehmer zugrunde. Dies könnte einen Großteil der Aufhebungsverträge auch ohne Widerrufsrecht zu Fall bringen.

Es bleibt abzuwarten wie das BAG das „Fairnessangebot bei Verhandlungen über einen Aufhebungsvertrag“ zukünftig anwenden und auslegen wird.

Fazit:

Es bleibt dabei, dass dem Arbeitnehmer beim Abschluss eines Aufhebungsvertrages kein Widerrufsrecht zusteht. Jedoch dürfen Arbeitgeber keine psychische Drucksituation schaffen, die Arbeitnehmern die freie und überlegte Entscheidung über einen Aufhebungsvertrag erheblich erschwert.

Bei dem Teilzeitmodell „Arbeit auf Abruf“ handelt es sich um eine Variante, bei der Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbaren, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung dem Arbeitsbedarf nach zu erbringen hat. Dies ermöglicht dem Arbeitgeber flexibel auf einen schwankenden Arbeitsbedarf zu reagieren. In der Praxis wird dabei in Arbeitsverträgen oft auf die Festlegung einer wöchentlichen Stundenanzahl verzichtet und lediglich der Stundenlohn vertraglich fixiert.

Alte Gesetzeslage

Bis zum 31.12.2018 wurde im Teilzeit- und Befristungsgesetz noch felgende Regelung bei Arbeit auf Abruf getroffen: „Wenn die Dauer der wöchentlichen Arbeitsdauer nicht festgelegt ist, gilt eine Arbeitszeit von 10 Stunden als vereinbart.“ Um dem Arbeitnehmer finanzielle Planungssicherheit in Zeiten zu ermöglichen, in denen er vom Arbeitgeber nicht eingesetzt wurde, galt eine Arbeitszeit von 10 Stunden pro Woche als vereinbart und war zu vergüten sofern keine Wochenstundenzahl im Arbeitsvertrag vereinbart worden war.

Neue Gesetzeslage

Haben die Arbeitsvertragsparteien keine bestimmte Arbeitszeit ausdrücklich geregelt, so gilt seit dem 01.01.2019 gemäß § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG eine wöchentliche Arbeitsdauer von 20 Stunden als vereinbart. Darin heißt es bei Arbeit auf Abruf: „Wenn die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit nicht festgelegt ist, gilt eine Arbeitszeit von 20 Stunden als vereinbart.“

Sollte es um die Abbildung solcher Arbeitszeitmodelle und die Gestaltung von Arbeitsverträgen gehen, sind Sie mit einem Fachanwalt für Arbeitsrecht gut beraten. Fehler bei der Arbeitsvertragsgestaltung können dem Arbeitgeber teuer zustehen bekommen.

Vorsicht Falle: Aus einem Minijob kann ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis werden

Minijobverträge werden häufig in Form des Modells „Arbeit auf Abruf“ ausgestaltet, in denen lediglich der Stundenlohn vertraglich vereinbart wird und sich der Arbeitgeber den Umfang des Arbeitseinsatzes vorbehält.

Dies hat nach der neuen Gesetzesänderung zur Folge, dass dem Arbeitnehmer eine Vergütung von mindestens 20 Wochenstunden zusteht, auch wenn dieser nicht beim Arbeitgeber eingesetzt wird. Bei einem Mindestlohn von 9,19 € ergibt sich bei einer 20-Stunden-Woche ein monatliches Gehalt von 796,47 € brutto. Damit ist die für Minijobs geltende 450,00 € Grenze überschritten und es liegt ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis vor.

Tipp für den Arbeitnehmer:

Prüfen Sie Ihren Arbeitsvertrag in Ruhe. Arbeitnehmer sollten sich ausreichend Bedenkzeit einräumen lassen, um das Dokument von einem Fachanwalt für Arbeitsrecht prüfen lassen zu können. Sofern dort keine Wochenarbeitszeit vertraglich geregelt ist, haben Sie ggf. gegen Ihren Arbeitgeber, unabhängig von einem tatsächlichen Arbeitseinsatz, einen Anspruch auf Vergütung für 20 Stunden pro Woche.

Tipp für den Arbeitgeber:

Lassen Sie dringend Ihre Arbeitsverträge von einem Fachanwalt für Arbeitsrecht prüfen und anpassen. Eine reine Stundenlohnvereinbarung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen und kann zur Folge haben, dass ein Abrufarbeitsvertrag unterstellt wird. Dies kann zu erheblichen Lohnforderungen durch den Arbeitnehmer führen. Ebenfalls drohen Nachzahlungen der Sozialversicherungsbeiträge von bis zu vier Jahren rückwirkend.