Viele Arbeitsverträge enthalten Ausschlussklauseln, welche vorsehen, dass Ansprüche zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern innerhalb einer in der Klausel festgelegten Frist entweder schriftlich oder klageweise gegenüber der anderen Partei geltend zu machen sind. Anderenfalls verfallen sie ersatzlos. Dies betrifft auf Arbeitnehmerseite häufig ausstehende Lohnansprüche oder Ansprüche auf Urlaubsabgeltung.  In der Regel sind Fristen in Ausschlussklauseln kürzer als die gesetzliche Regelverjährung von drei Jahren. Entscheiden wurde bereits, dass Ausschlussfristen jedoch mindestens drei Monate lang sein müssen. Dies führt dazu, dass Ansprüche schneller verfallen und zeitnah geltend gemacht werden müssen. Wann eine solche Ausschlussklausel wirksam ist, hängt von vielen Faktoren ab und ist im Einzelfall zu prüfen. Hierzu empfehlen wir unseren Ratgeber zu dem Thema Ausschlussfristen. Nunmehr kam es jedoch zu einer weitreichenden  Entscheidung des BAG, welche viele bestehenden Ausschlussklauseln in Arbeitsverträgen unwirksam werden lässt.

Problemstellung: Lassen Ausschlussklauseln auch den gesetzlichen Mindestlohn verfallen?

Seit dem 01.01.2015 wurde der gesetzliche Mindestlohn deutschlandweit eingeführt, welcher derzeit 8,84 € beträgt.

Seither war umstritten, ob vom Arbeitgeber vorformulierte Ausschlussklauseln ausdrücklich klarstellen müssen, dass Ansprüche des Arbeitnehmers auf den gesetzlichen Mindestlohn nicht von der Ausschlussklausel erfasst sind. Insbesondere bestand Uneinigkeit darüber, ob Ausschlussklauseln ohne Beschränkung auf den Mindestlohn dann insgesamt unwirksam sind.

Das BAG hat entschieden: Ausschlussklauseln ohne Ausnahme von Mindestlohn sind insgesamt unwirksam

Nunmehr hat das BAG eine Entscheidung mit weitreichenden Konsequenzen getroffen (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18.09.2018, 9 AZR 162/18).

Eine vom Arbeitgeber vorformulierte arbeitsvertragliche Verfallklausel, die ohne jede Einschränkung alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und damit auch den garantierten Mindestlohn erfasst, verstößt gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB und ist – jedenfalls dann – insgesamt unwirksam, wenn der Arbeitsvertrag nach dem 31. Dezember 2014 geschlossen wurde. Die Unwirksamkeit der Ausschlussklausel hat damit zur Folge, dass Ansprüche noch innerhalb der drei jährigen Verjährungsfrist und damit wesentlich länger geltend gemacht werden können.

Eine wirksame Ausschlussklausel könnte daher hinsichtlich der Mindestlohnansprüche bspw. wie folgt formuliert werden:

„Diese Ausschlussfrist gilt nicht für Ansprüche auf den gesetzlichen Mindestlohn nach dem Mindestlohngesetz“.

Tipps für Arbeitnehmer:

Länger zurück liegende Ansprüche können unter Umständen trotz arbeitsvertraglicher Ausschlussklausel auch noch nach Ablauf der dort vereinbarten Frist geltend gemacht werden sofern Ihr Arbeitsvertrag nach dem 31.12.2014 geschlossen und der Mindestlohn nicht ausdrücklich vom Verfall ausgenommen wurde.

Lassen Sie Ausschlussfristen von einem Fachanwalt für Arbeitsrecht prüfen. Dies kann sich lohnen.

Tipps für Arbeitgeber:

Gerade bei der Formulierung von arbeitsvertraglichen Ausschlussklauseln ist aller höchste Vorsicht geboten. Sofern bestehende Ausschlussklauseln bzw. neue Arbeitsverträge nicht die aktuelle Rechtsprechung berücksichtigen, laufen Sie Gefahr, dass solche Klauseln  insgesamt unwirksam sind. Damit können Ansprüche Ihnen gegenüber noch nach langer Zeit geltend gemacht werden.

Dies kann Sie teuer zu stehen kommen. Lassen Sie Ihre Arbeitsverträge daher dringend von einem Fachanwalt für Arbeitsrecht prüfen.

Verfällt der Jahresurlaub, wenn der Arbeitnehmer diesen nicht ausdrücklich vor Jahresende eingefordert hat? 

Lange war streitig, ob der Jahresurlaub verfällt, wenn der Arbeitnehmer diesen nicht ausdrücklich vor Jahresende eingefordert hat. Eine Neue Entscheidung des europäischen Gerichtshofes (EuGH) brachte Rechtsklarheit.

Grundsätzlich ist im Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) geregelt, dass der Urlaubsanspruch verfällt, wenn der Arbeitnehmer seinen Urlaub nicht bis zum Jahresende genommen und keinen Urlaubsantrag gestellt hat.

Bislang galt aufgrund der Regelung in § 7 Abs. 3 Satz 1-3 BUrlG in Deutschland folgendes Regel-Ausnahme Prinzip:

Regel: Nicht beantragter und nicht genommener Urlaub verfällt ersatzlos, wenn das Kalenderjahr abgelaufen ist (d.h. mit Ablauf des 31.12.)

Ausnahme: Es liegen dringende betriebliche Gründe, wie z.B.- Urlaubssperre oder dringende persönliche Gründe, wie z.B. eine längere Erkrankung vor, welche zu einem Übertragungsgrund des Urlaubes auf das Folgejahr führen. In diesem Fall muss der Urlaub innerhalb des Übertragungszeitraumes (d.h. bis zum 31.03.) vom Arbeitnehmer genommen werden.

Nunmehr hatte der EUGH einen Fall zu entscheiden, in dem ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber eine Urlaubsabgeltung für nicht genommenen Urlaub verlangt hat. Zuvor hatte der Arbeitnehmer seinen Urlaubsanspruch nicht rechtzeitig vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses geltend gemacht bzw. in natura genommen. Der Arbeitgeber lehnte zunächst einen Anspruch auf Auszahlung offener Urlaubstage mit der Begründung ab, dass dieser nicht im Laufe des Kalenderjahres eingefordert worden war. Damit stellt sich die Frage, ob der Arbeitnehmer seinen Urlaub im laufenden Kalenderjahr explizit einfordern muss, damit dieser nicht verfällt oder ob der Arbeitgeber dafür Sorge zu tragen hat, dass der Arbeitnehmer seinen Urlaub rechtzeitig nimmt.

EUGH (Urteile vom 06.11.2018, C-684/16 (Shimizu), und C-619/16 (Kreuziger): Kein automatischer Verlust von Urlaubssprüchen am Jahresende wenn der Arbeitnehmer keinen Urlaub beantragt hat

Auch der Verlust eines Anspruchs auf Auszahlung für nicht genommen Urlaub ist aufgrund eines unterlassenen Urlaubsantrages nicht mit dem Europarecht vereinbar. Ein Anspruch auf Urlaub in natura oder Urlaubsabgeltung könne nach Ansicht des EUGH nur ersatzlos verfallen, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nachweisbar in die Lage versetzt habe, seinen Urlaub rechtzeitig zu nehmen und diesen über die Folgen des Verlustes von Urlaub rechtzeitig aufklärt oder der Arbeitnehmer auf seinen Urlaub  ausdrücklich verzichtet. Dafür trifft den Arbeitgeber die Beweislast. Mit seiner Entscheidung stärkt der EUGH die Urlaubsansprüche von Arbeitnehmern. Der bisher automatisch interpretierte Verfall des Urlaubes zum Jahresende wird damit nicht mehr Bestandteil des geltenden Arbeitsrechts sein und von den Arbeitsgerichten zukünftig anders auszulegen sein.

Tipps für Arbeitnehmer:

Lassen Sie sich von einem Fachanwalt für Arbeitsrecht beraten welche Urlaubsansprüche Ihnen zustehen.

Tipps für Arbeitgeber:

Arbeitgeber müssen daher zukünftig dafür Sorge tragen, dass Arbeitnehmer ihren Jahresurlaub vollständig bis zum Ablauf des Kalenderjahres nehmen. Dies gilt zumindest für den gesetzlichen Mindesturlaub. Ratsam ist daher eine rechtzeitige schriftliche Mitteilung, dass der Urlaub bis zum 31.12. zu nehmen ist und anderenfalls ersatzlos untergeht und in diesem Fall auch kein Anspruch auf Urlaubsabgeltung besteht.