Ist Bereitschaftszeit auch Arbeitszeit? 

Der EuGH entschied in einem aktuellen Urteil, ob auch „passive“ Bereitschaftszeit Arbeitszeit sein kann. Danach zählen Bereitschaftsdienste als Arbeitszeit, wenn ein Arbeitnehmer innerhalb von 8 Minuten auf der Arbeit zu sein hat (EuGH, 21.02.2018, C-518/15). Die Rufbereitschaft ist keine Arbeit im eigentlichen Sinne. Jedoch ist sie auch keine Freizeit, da sich der Arbeitnehmer in Rufbereitschaft oft nur Zuhause oder in der Nähe des Einsatzortes aufhalten kann.

Der Fall:

Ein belgischer Feuerwehrmann klagte auf Vergütung, der seit 1981 in einem Beschäftigungsverhältnis im Feuerwehrdienst der Stadt Nivelles in Belgien steht. Im Rahmen seiner Tätigkeit als freiwilliger Feuerwehrmann musste der Kläger sich eine Woche pro Monat zu Bereitschaftszeiten einteilen lassen. Im Falle eines Einsatzes war er verpflichtet, innerhalb von 8 Minuten auf der Arbeit zu erscheinen. Vergütet wurde aber lediglich die Zeit, wo er sich im aktiven Dienst befand. Der Kläger meint auch für die Bereitschaftszeit vergütet werden zu müssen.

Wie hat der EuGH entschieden?

Der mit dem Rechtsstreit befasste Arbeitsgerichtshof in Brüssel entschied die Rechtsfrage dem EuGH vorzulegen, ob Bereitschaftszeit unter die Definition von Arbeitszeit im Sinne des Unionsrechts fällt. Fraglich war, ob die Bereitschaftszeit Arbeitszeit ist oder Ruhezeit. Das belgische Recht definiert diese Unterscheidung anders als das Europarecht.

Der EuGH entschied, dass Arbeitszeitmodelle, die die Möglichkeit, anderen Tätigkeiten nachzugehen, erheblich einschränkt, als Arbeitszeit anzusehen sind. Nach der EU-Richtlinie zur Arbeitszeitgestaltung (Richtlinie 2003/88/EG) bestimmt sich Arbeitszeit danach, ob sich der Arbeitnehmer an dem vom Arbeitgeber bestimmten Ort aufhalten und diesem zur Verfügung stehen muss, um gegebenenfalls sofort die geeigneten Leistungen erbringen zu können.

Wie wird Bereitschaftszeit vergütet?

Die Richtlinie klärt jedoch nicht die Frage nach der Höhe der Vergütung der Bereitschaftszeiten. Auch liegt die Entscheidung über die Höhe der Vergütung außerhalb der Zuständigkeit der europäischen Union und ist Ländersache.

Zu dieser Frage hatte bereits das Bundesarbeitsgericht im Oktober 2017 entschieden, dass Bereitschaftszeiten mindestens mit dem gesetzlichen Mindestlohn zu vergüten sind (BAG, Urteil vom 11.10.2017, 5 AZR 591/16). Eine geringere Vergütung als dem Mindestlohn würde nur für die eigentliche Rufbereitschaft gerechtfertigt sein, da in dieser der Arbeitnehmer seinen Aufenthaltsort frei wählen kann. Wird er gleichfalls wieder verpflichtet innerhalb kürzester Zeit auf der Arbeit zu sein, handelt es sich doch um Bereitschaftsdienst.